DBZ N°8/95 AUGUST 1995




Museum in Arles, F
(pages 83-90)

An der Spitze des Rhônedeltas liegt die alte Stadt Arles. In römischer Zeit zeitweilig Residenz der Kaiser, kann die im Mitteralter bedeutendste Stadt der Provence heute nur noch von diesen besseren Zeiten träumen, Zahlreiche römische Bauten (beispielsweise das Amphitheater) und die romanische Kathedrale zeugen heute von dem ehemaligen Glanz, welchen eifrige Archäologen mit täglich neuen Fundstücken und neuen Fundorten zu bestätigen wissen. Was lag also näher, in Arles ein zentrum für Antike, ein Museum für alte Geschichte und alte Kultur, also ein Museum auch der Stadt selbst anzusiedeln?!

Den Wettbewerb 1983/84 gewann der Architekt peruanischer Herkunft, Henry Ciriani, der gerade noch mit Grand Prix National de l’Architecture ausgezeighnet worden war. Der Hinweis auf seine Herkunft ist insofern nicht ohne Belang, da seine Vorliebe für plastische, geometrische Räumlichkeiten und die leuchtende Kraft der von ihm bevorzugten Farban einen dezidiert südamerikanischen Charakter haben; das Museum in Arles ist jedenfalls auch in dieser Hinsicht zu interpretieren.



Das bebaute Grundstück im Süden der Altstadt, von Rhône und Canal du Midi zu einem Dreieck geformt, verlangte geradezu nach einem ebenfalls dreieckigen Grundriß. Trotz des absehbaren Konflikts, der sich ergeben kann aus der konstruktiven Unbeweglichkeit der Dreiecksform und der sich daraus ergebenden Rigidität der Raum-Formstruktur mit dem libertären Anspruch des modernen Raums, erfüllte die gewahlte Form mehrere Ansprüche. Zum einen f¨gt sich der Baukörper optiman inden urbanen Zusammenhang ein, zum anderen ist die Dreiecksform die Figur, die die meisten geometrischen Varietäten in abstrahierter Weise in sich schließt und so das Paradox der geschlossenen Offenheit ermöglicht.

Die drei (!) Funktionsbereiche wissenschaftlicher Sektor, kultureller Bereich und Ausbildung gruppieren sich um den dreieckigen innenhof des Museums, der sich nach außen hin durch die spitz zulaufenden Wandscheiben darstelt. Aus diesem Hof steigt eine Treppe empor; die den Abschluß der spiralförmigen Rundgangskonzeption bildet.



Die Hauptfassade, die senkrecht zur Schleuse des Canals steht und wie alle Wände eine vom Bau konstruktiv unabhängige Scheibe aus mit blauem Emalit darstelt, ist der alten Stadt zugewandt und stellt den Gründungsakt des Projekts dar. Sie bildet gleichzeitig den Hintergrund – die Kulisse? – für den angrenzenden Zirkus, der zur Zeit ausgegraben wird.
Wichtigster Bestandteil einer Museumskonzeption ist die Lichtplanung. Nach Norden geöffnete Sheddächer leiten das Licht weit weg vonb der Fassadenlinie. Es enststeht ein weißes, homogenes Licht, das durch das von den Auslegern reflektierte und das durch die wenigen Maueröffnungen einfallende farbige Licht ergänzt wird.


Die mittlerweile vorgenommene Erweiterung der Fläche von 6000 auf 7400 m2 konnte, ohne daß vom Grundkonzept der Dreiteiligkeit und der spiralförmigen inneren Wegestruktur abgewichenen wurde, nach und nach umgesetzt werden.
Cirianis Raum – und Körperkonzept des Antiken-Museums hat sich nicht nur bewährt, es ist vorbildlich im Hinblick auf seine Umsetzung; in seiner entwurfsund ideenspezifischen Ausführung knüpft es bewußt an Arbeiten von Wright und Le Corbusier an.

(Bernard Kraft)

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